„Es ist wichtig, die Gastronomie zu einem Personalmanagement hinzuführen, wo die Weiterentwicklung und die Wertschätzung aller Mitarbeiter*innen gegeben sind.“
KommR Peter Dobcak, MSc, Wirtschaftskammer Wien
Neben den Herausforderungen durch den Demografischen Wandel, steht besonders die Gastronomie zudem vor jener des Fachkräftemangels. Die Covid-19-Pandemie hat diese Situation weiter verstärkt und die Schaffung einer generationengerechten Arbeitswelt erschwert. Über die aktuelle Lage der Gastronomiebranche und die Situation für Mitarbeiter*innen und Unternehmer*innen spricht die Demografieberatung mit KommR Peter Dobcak, MSc*, von der Wirtschaftskammer Wien und der Demografieberaterin Katrin Hintermeier.
*Das Interview mit KommR Peter Dobcak, MSc wurde von der Demografieberaterin Andrea Pachschwöll durchgeführt.

„Betriebe für die Auswirkungen ihres Umgangs mit dem Personal zu sensibilisieren“
Betriebe wie der Hubertushof Ranzmaier in Zeltweg konnten die Zeit der Lockdowns nutzen, um mittels Workshops und gezielter Teamentwicklung die Mitarbeiter*innen zu halten und an das Unternehmen zu binden. Um diese Maßnahmen wirklich mit dem gesamten Team umsetzen zu können, wurden beispielsweise auch die Lehrlinge von der Berufsschule abgeholt. „Jetzt gehen wir gestärkt aus dieser Zeit und konnten zudem alle 36 Mitarbeiter*innenhalten“, so der Geschäftsführer Michael Ranzmaier bei der Pressekonferenz im Juni. Der Hubertushof zeigt als Best-Practice-Betrieb, wie ein flexibler Umgang in Krisenzeiten möglich ist – der aber noch lange nicht Standard ist. Durch das oftmalige Fehlen alter(n)sgerechter und lebensphasenorientierter Arbeitsplatzgestaltungen und flexiblerer Arbeitszeitmodelle, stehen insbesondere die Branchen Gastronomie, Hotellerie und Tourismus vor großen personellen Herausforderungen und sind aufgrund des Fachkräftemangels stark vom demografischen Wandel betroffen.
Diese allgemeine Situation habe sich seit den Lockdowns nur verschärft, beschreibt KommR Peter Dobcak, MSc, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien „Wir bewegen uns auch nach den Öffnungen wieder in einen Arbeitskräftemangel hinein, denn die Flucht aus der Branche hat nicht nur aus rein finanziellen Gründen wieder sehr stark eingesetzt“. Von diesen gestiegenen Herausforderungen, seit den Öffnungen Mitte Mai, berichtet auch die Demografieberaterin Katrin Hintermeier. Viele Betriebe seien aktuell mit den Nachwehen der langen Schließungen konfrontiert, haben nicht selten einen Teil des Personals während der Kurzarbeit verloren und trauen sich aufgrund wirtschaftlicher Bedenken auch noch nicht nachzubesetzen. „Es ist wichtig, die Betriebe für die Auswirkungen ihres Umgangs mit dem Personal zu sensibilisieren“, so Hintermeier „und aufzuzeigen, dass viele Herausforderungen durch die Krise nicht verschwunden sind“.
Gezielte Zusammenarbeit und generationenorientiertes Personalmanagement
Allgemein habe die Branche an Attraktivität für die Arbeitnehmer*innen verloren und dieser schlechte Ruf, ist sich Peter Dobcak sicher, sei zum Teil auch selbst verschuldet. Schließlich habe man über Jahrzehnte hinweg durch hohe Belastungen und viele Überstunden dazu beigetragen. Spätestens jetzt aber ist es wichtig „die Gastronomie zu einem Personalmanagement hinzuführen, wo die Weiterbildung und die Wertschätzung aller Mitarbeiterinnen gegeben sind.“ Zwar würden viele Geschäftsführer*innen und Führungskräfte in der Gastronomie auch wissen, worauf es da ankomme, man scheitere aber, so der Fachgruppenobmann, an der Umsetzung und an der oft fehlenden Flexibilität in der Branche.
Um genau das zu erreichen ist es wichtig, den Betrieben dabei zu helfen, die Zusammenarbeit im Team wieder gezielt zu fördern und die Mitarbeiter*innen wieder gut ins Team zurückzuholen. Dazu ist die Berücksichtigung persönlicher und beruflicher Lebensphasen der Mitarbeiter*innen entscheidend, um diese wieder an ihre Aufgaben heranzuführen. „Ähnlich wie beim Onboarding“, so Katrin Hintermeier, „sollte hier berücksichtigt werden, ob eine Person schon vor den Schließungen viel Erfahrung hatte, die es nun einfach zu reaktivieren gilt, oder ob tatsächlich einiges zum ersten Mal richtig neu gelernt werden muss.“
Wie im Fall des Hubertushof Ranzmaier hilft es deshalb, die Mitarbeiter*innen zusammenzubringen, sich gemeinsam anzuschauen, welche Kompetenzen bereits im Team vorhanden sind und dann generationenübergreifende Tandems zu bilden. Dies fördert den Austausch untereinander und unterstützt nachhaltig beim Wissenstransfer im Team. Zudem können daraus gezielte Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Mitarbeiter*innen abgeleitet und langfristig implementiert werden. Denn was Katrin Hintermeier auch aus der Demografieberatung weiß: „Jene, die nachhaltige Personalarbeit betreiben und sich auf die Bedürfnisse aller Generationen einstellen, sind auch langfristig wesentlich erfolgreicher und erkennen den Nutzen, auch in Krisenzeiten in ihre Mitarbeiter*innen und in den achtsamen Umgang miteinander zu investieren“.



